Die Schmalspurbahn zwischen Putbus und Göhren - Teil 2

 

Die folgenden Bilder sollen durch einen kleinen Geschichtsunterricht zum Eisenbahnwesen auf Deutschlands grösster Insel ergänzt werden.

 

grün ...  bestehende Normalspurstrecken

rot ... bestehende Kleinbahnstrecken

orange ... stillgelegte Kleinbahnstrecken

 

 

06.10., 10.36 Uhr. Zwischen Sellin Ost und Sellin West.

 

Rügens Eisenbahnzeitalter began am 1. Juli 1883 mit der Eröffnung der normalspurigen Bahnstrecke von Altefähr nach Bergen. Gleichzeitig ging die Fährverbindung von Stralsund nach Altefähr in Betrieb. Der heutige Rügendamm entstand erst viel später.

 

06.10., 16.10 Uhr.

 

Zwei Fährschiffe übernahmen anfangs den Transport der Güter- und Personenwagen zwischen dem Festland und der Insel.

 

06.10., 17.00 Uhr. Ortslage Sellin.

 

Weitere Streckeneröffnungen folgten in den 1890er Jahren, so von Bergen nach Putbus, von Putbus nach Lauterbach und von Bergen nach Saßnitz. Als vorläufig letzte Normalspurstrecke entstand 1937 die Verbindung von Lietzow über Prora nach Binz. Damit waren alle grösseren Orte der Insel mit der Bahn zu erreichen. Mit Inbetriebnahme des Fährhafens Mukran entstand auch ein Gleisanschluss.

 

07.10., 10.09 Uhr.  Unmittelbar nach Sellin Ost wird diese schöne Buchenallee passiert.

 

Nun wartete das landwirtschaftlich genutzte Hinterland noch auf eine günstige Verkehrsanbindung, um vor allem seine Feldfrüchte besser abtransportieren zu können. Als zweiter Aspekt kam die Entwicklung einiger Fischerdörfer zu Badeorten dazu. Man entschied sich für den Bau kostengünstigerer Schmalspurstrecken und gründete dazu die Rügensche Kleinbahn-Aktiengesellschaft / Rü.K.B.

 

07.10., 10.44 Uhr. Am Haltepunkt Serams.

 

Etappenweise gingen innerhalb von 5 Jahren alle Kleinbahnstrecken wie folgt in Betrieb:

19,1 km --- Putbus - Sellin Ost

35,3 km --- Putbus - Altefähr

37,9 km --- Bergen - Altenkirchen mit der Wittower Fähre

5,1 km --- Sellin Ost - Göhren

 

 

 

 

Vom Abschnitt Bergen - Altenkirchen entstand am Haltepunkt Buhrkow noch ein Abzweig über Dranske zur Halbinsel Bug. Dort befand sich während des I. Weltkrieges eine militärische Seefliegerstation. In den 30er Jahren ist die Strecke wieder eingestellt worden.

 

 

07.10., 12.16 Uhr. Granitzer Forst zwischen Sellin West und Garftitz.

 

Die Strecke nach Altenkirchen wies noch eine Besonderheit auf. Der 300 m breite Breeetzer Bodden trennte die Strecke zwischen Wittower Fähre und Fährhof. Man entschloss sich für eine Eisenbahnfährverbindung wobei zwei eigene Fährschiffe die Wagen hin und her trajektierte, planmässig aber nur Güterwagen. Die Fahrgäste der Personenzüge mussten aussteigen und auf der jeweils anderen Seite in den anderen Zug einsteigen.

 

07.10., 12.52 Uhr.

 

Von 1937 - 42 war auf der Nordstrecke von Bergen nach Altenkirchen sogar ein vierachsiger Triebwagen eingesetzt, der auch über die Wittower Fähre trajektiert wurde. Dieser schaffte die Strecke in 100 Minuten während der Dampfzug 40 Minuten länger benötigte.

 

07.10., 14.14 Uhr. Im Anstieg in den Granitzer Forst nach dem Haltepunkt Sellin West.

 

Am 1. Januar 1940 wurden die Kleinbahnen auf Rügen zusammen mit anderen Kleinbahnen zu Pommerschen Landesbahn zusammengefasst.

 

 

07.10., 17.04 Uhr. Sellin Ost ist erreicht.

 

Den II. Weltkrieg hatten Rügens Schmalspurbahnen unbeschadet überstanden. Nur waren Gleise und Fahrzeuge durch fehlende Pflege heruntergewirtschaftet. Auch blieb sie von der Demontage als Reperationsleistung für die Sowjetunion verschont.

 

08.10., 10.13 Uhr. Am Haltepunkt Sellin West.

 

Nach 1945 erlebten Rügens Schmalspurbahnen nach Anzahl der beförderten Personen und Güter einen Aufschwung in bisher unbekannte Grössen, ausgelöst durch Mangel anderer Transportmöglichkeiten.

 

08.10., 12.15 Uhr.

 

Zum 1. April 1949 übernahm die Deutsche Reichsbahn die Betriebsführung der Rügenschen Schmalspurbahnen.

 

08.10., 13.00 Uhr.

 

Ab 1950 kamen immer mehr Urlauber auch in die Ostseebäder zwischen Binz und Göhren, die damals fast ausschliesslich noch mit der Bahn anreisten. In diesen Jahren mussten zahlreiche vierachsige Personenwagen und Lokomotiven von den sächsischen Schmalspurbahnen nach Rügen umgesetzt werden. Im Sommer 1958 verkehrten zum Beispiel 10 Zugpaare zwischen Putbus und Göhren.

 

08.10., 13.13 Uhr. GmP mit 99 4652.

 

Ein Pfiff zu einer Zeit, in der kein fahrplanmässiger Zug unterwegs sein konnte und auch in der Tonlage anders war als bisher gehört, gab mir den Verdacht, dass etwas besonderes auf der Strecke sein musste. Schnell kehrt gemacht und gerade noch rechtzeitig angekommen an einer bekannten Fotostelle ...

 

... waren diese beiden Bilder möglich.

 

Weil gerade ein Halt eingelegt und für eine Scheinanfahrt zurück gesetzt wurde, war an anderer Stelle eine weitere Aufnahme möglich.

 

1941 als Heeresfeldbahnlokomotive von Henschel&Sohn gebaut kam sie nach wechselvoller Geschichte und nach Aufarbeitung im Dampflokwerk Meiningen letztendlich im Januar 2015  nach Steinbach zur Preßnitztalbahn, bei der die letzten Inbetriebnahmearbeiten durchgeführt wurden. Nach erfolgter Abnahme ist die Lok seit März 1915 auf Rügen zurück.

 

Gesehen 08.10.2008, Putbus

 

08.10., 16.10 Uhr. Siehe Bild vom 29.09., gleiches Motiv, gleiche Lok, gleiche Uhrzeit - aber die Laubfärbung ist inzwischen ein Stück vorangeschritten.

 

Die 60er Jahre brachten eine verstärkte Abwanderung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Strasse. Der Nachteil aller Schmalspurbahnen, die niedrige Geschwindigkeit und das Umladen von Schmalspur auf Normalspur, machten sich auch hier bemerkbar. So wurde im Dezember 1967 der gesamte Verkehr auf der Strecke Altefähr - Putbus und der Güterverkehr zwischen Putbus und Göhren eingestellt. Ein Jahr später ereilte dem Abschnitt  Fährhof - Altenkirchen das gleiche Schicksal. Im Januar 1970 verabschiedeten sich die Anwohner zwischen Bergen und Wittower Fähre von ihrer Bahn. Nur der Güterverkehr zwischen Bergen und Trent lief noch bis September 1971 weiter.

 

 

Auf dem Abschnitt  zwischen Putbus und Göhren dominierte von Anfang an der Personenverkehr, da hier die gut besuchten Seebäder vebunden waren. Diese Besonderheit sicherte den letzte 24,2 Kilometern letztendlich das Überleben.

 

 

08.10., 16.57 Uhr. Sellin West.

 

2008 erfolgte der Übergang der Strecke in die Strukturverantwortung der PRESS / RüBB (Pressnitztalbahn / Rügensche Bäderbahn).